Jimmy mit seinem Kumpel dem Spiegelbild. Dank one-dog-policy wird das wohl auch sein einziger, tierischer WG-Freund bleiben.

Jimmy mit seinem Kumpel dem Spiegelbild. Dank one-dog-policy wird das wohl auch sein einziger, tierischer WG-Freund bleiben.

Da ist man einmal für 5 Tage in der Schweiz – und dann das! Darf ich vorstellen: Dieses etwas verstört dreinschauende Wesen auf dem Foto hört noch nicht auf seinen Namen „Jimmy“, ist 6 Monate alt und unser neuer – bisher eher anstrengender Mitbewohner. Anstrengend, weil er bisher noch nicht gelernt hat und deshalb auch nicht weiß, wie man sich in einer Wohnung benimmt (ihr wisst was ich meine).

Das kann man ihm jedoch schlecht verübeln, denn der Kerl stammt aus einer kleinen “Tierhandlung” in Shanghai und wohnte bisher in einem Käfig, so groß wie eine durchschnittliche Vogelvoliere – ohne jeglichen Auslauf und mit Gitterboden. Wir haben ihn vorletztes Wochenende beim Schlendern in der Nähe des People Square entdeckt – und naja, was soll ich sagen: Während meiner Geschäftsreise ist er hier eingezogen und fühlt sich offensichtlich viel wohler als in seinem bisherigen Gefängnis.

In China gilt neben der „one child per family“ übrigens auch die „one dog per household“ Regel  und generell wird es Hundehaltern hier nicht unbedingt einfach gemacht: Die meisten öffentlichen Parks sind für sie tabu und mit Natur ist diese Stadt auch nicht gerade überbestückt. Ausserdem dürfen Tiere weder die Ubahn noch den Bus benutzen sondern müssen im Taxi reisen.

Generell also kein besonders hundefreundliches Umfeld, aber da Jimmy vermutlich nie über grösser als eine durchschnittliche Katze werden wird und eher als Stofftier durchgeht kann man es noch halbwegs mit seinem Gewissen vereinbaren.  Mal sehen, wie sich der Kerl hier einlebt.  Ich muss ja gestehen, dass das nicht gerade die Art von Hund ist, die ich mir mal zu meinem Haus mit Garten in der Schweiz vorgestellt habe, aber mit der Zeit ist er doch ganz unterhaltsam und bringt auf jeden Fall Leben in die Wohnung.

Noch ein Wort zum Tierkauf in China: Eigentlich ist diese Aktion nicht sonderlich vorbildlich. Die Tiere werden in den sogenannten „Tierhandlungen“ unter sehr schlechten Bedinungen gehalten und jedes gekaufte Tier finanziert den Tierhändlern ihr Geschäft und sorgt dafür, dass weitere angeboten werden. Sicherlich hatte Jimmy viel Glück und hätte womöglich nicht mehr lange gelebt, wenn er nicht bald verkauft worden wäre (ausgewachsene Hunde verkaufen sich wohl kaum), dafür wird aber vermutlich bald ein Nachfolger in seinem bisherigen Käfig wohnen müssen.

Finally an Alien

19 Nov
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Von meinen Visumsaktivitäten hier und dem damit verbundenen, in punkto kulturelle Differenzen sehr lehrreichen Medical Check habe ich an dieser Stelle ja vor geraumer Zeit bereit berichtet.

Doch die Gesundheitsprüfung war nur ein erster Schritt auf einem langen, verwundenen Pfad  hinauf zum Visums- und Arbeitserlaubnisolymp. Denn der Prozess geht eigentlich so: Man reist mit einem single- oder multi Entry Visum nach China ein. Im Land benötigt man dann einen chinesischen Arbeitsvertrag, einen chinesischen Lebenslauf, einen „Reference Letter“ vom letzten Arbeitgeber, viele rote Stempel (ohne die läuft in China generell gar nichts), ca. 10 Passfotos, etwas Cash und diverse offizielle Schreiben (natürlich auch jeweils mit roten Stempeln) um mit all diesen Dingen einmal das Z- (bzw. „Residence“-) Visum und eine Arbeitserlaubnis (sogenanntes „work permit“) beantragen zu können.

In meinem Fall war es etwas komplizierter, da der „medical check“ (also die Gesundheitsprüfung) aus Changzhou in Shanghai nicht anerkannt wird. Heißt ich musste noch einmal ins Krankenhaus  in Shanghai, wo jedoch lediglich basierend auf dem Changzhouer Gesundheitszertifikat ein Shanghaier ausgestellt wurde (und natürlich ein gewisser Betrag kassiert). Wie auch immer. Man lernt hier schnell: Nicht wundern – mitmachen und am Ende wird überraschend dann doch immer alles gut.

Hat man alles zusammen, tut man gut daran, einen Agenten einzuschalten, der sich um die zahlreichen Behördengänge kümmert und nun zuerst ein offizielles Einladungsschreiben beantragt. Mit dem und all dem oben genannten muss man dann das Land verlassen, um im Ausland das Z-Visum beantragen zu können. In Zürich geht das auch mit Hilfe eines Fahrradkuriers, dauert einen Tag und kostet alles in allem ca. 150 Euro. Dafür erhält man dann ein Z-Visum, allerdings mit „single-entry“ – bedeutet nach der erneuten Einreise wird dieses ungültig.

Nicht nur für Aliens: Das chinesische "work permit"

Nicht nur für Aliens: Das chinesische "work permit"

Jetzt ist der Agent wieder an der Reihe und muss in China das single entry Z-Visum in ein unbeschränkt gültiges umschreiben lassen (dabei gibt es dann mal wieder einen neuen Aufkleber in den Pass) – nun darf man schon mal im Land bleiben und ein- und ausreisen so oft und wann man will. Was noch fehlt ist nun die Arbeitserlaubnis, die man erst jetzt beantragen kann. Hierzu muss man persönlich zum Immigration Office fahren. Offiziell heißt es zu einem Interview, in der Realität ist das alles sehr gut und effizient organisiert (man kann sich vorstellen, dass in diesen Zeiten ich nicht der einzige Westler bin, der in China arbeiten will) und nach 20 minütiger Wartezeit läuft das „Interview“ so ab, dass die Agentin ein paar Sätze mit der Beamtin spricht, diese dann mal wieder ein Foto macht, ein paar rote Stempel (wir haben ja gelernt dass die hier sehr wichtig sind) auf diverse Dokumente drückt und das war es dann auch schon. Dauer alles in Allem ca. 14 Sekunden. Eine Woche später wird einem dann das „Alien Employment Permit“ zugestellt, womit man hier regulär arbeiten  (und Steuern bezahlen) darf.

Wer das ganze nachmachen will: Der Prozess dauert von erster Einreise bis Arbeitserlaubnis  ca. 1,5 – 2 Monate, was vor allem davon abhängig ist, wie schnell die Firma die benötigten Behördendokumente beschaffen kann und wie schnell mal Aus- und wieder Einreisen kann. Eine Beantragung des Z-Visums im Land ist dabei nicht möglich. Ich rate schwer davon ab, das alles in Eigenregie abwickeln zu wollen. Die chinesischen Behörden sind nicht unbürokratischer als die deutschen und sowohl auf der Polizei wie auch auf den Ämtern sind englischsprechende Mitarbeiter kaum zu finden.

Nächste Zwischenstation auf der Reise durch die chinesische Bürokratie: derFührerschein – um etwas unabhängiger von Taxi und Metro zu werden. Ich habe gehört, dass man diesen nur auf chinesisch machen kann, das Mitbringen eines Übersetzers (der die Antworten kennt) aber erlaubt ist. Werde euch euch auf dem Laufenden halten.

Lost & Found

7 Nov
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Letztes Wochenende ist mir das passiert, wovor es jedem Auslandsreisenden graut: Mein Portemonnaie ging verloren.

Und da ich gerade von einer Geschäftsreise zurück kam war darin nicht nur das sonst übliche Minimalsortiment an Karten enthalten, sondern das grosse Programm: Private und geschäftliche Kreditkarten von deutschen und schweizer Banken, Führerschein, Personalausweis, Krankenversicherungskarte, diverse Bonus- und Vielfliegerkarten, Access-Card für unseren Wohnkomplex und ums noch etwas interessanter zu gestalten auch der Wohnungsschlüssel. All das war weg und das kam so: Es war ein wunderschöner Sonntag mit stahlblauem Himmel und sehr angenehmen, spätherbstlichen Temperaturen um die 20 Grad (hier Anfang November durchaus noch normal). Uns sehnte es (wie eigentlich jedes Wochenende) nach Natur, frischer Luft und Bewegung und so entschieden wir den Shanghaier Zoo zu besuchen. Eigentlich bin ich bekennender Zoo-Hasser und kann den Anblick von eingesperrten Tieren nicht ertragen, aber der Tierpark hier wurde uns mehrfach empfohlen und ausserdem darf man seine Ansprüche an Grünflächen in Shanghai nicht zu hoch setzen, sonst bleibt man am Ende doch zuhause sitzen.

Grüne Oase: Der "Shanghai Zoo" ist vor allem auch eine der schönsten Grünanlagen dieser Mollochstadt

Grüne Oase: Der "Shanghai Zoo" ist vor allem auch eine der schönsten Grünanlagen dieser Mollochstadt

Aber zurück zum Thema: Dem Sonntagmorgen ritual folgend, kaufte ich also bei unserer Stammbäckerei „Lind“ (deutsche Bäckerfamilie mit Niderlassung hier und unglaublich leckeren Backwaren) Frühstück und einen Tea to go (beides bezahlte ich selbstverständlich – also hatte ich hier meine Brieftasche noch), bevor wir uns vor der Grand Gateway  Shoppingmall ein Taxi nahmen und in Richtung Zoo fuhren. Die Fahrt dorthin dauert an einem Sonntag eine knappe, halbe Stunde (an einem Wochentag vermutlich locker anderthalb) und voller Vorfreude kamen wir an. Als ich dann den Taxifahrer bezahlen wollte dieses Ungute Gefühl, welches wohl jeder beim Griff nach seinem Geldbeutel schon erfahren hat, wenn dieser nicht in der Tasche ist, wo man ihn vermutet und gewöhnlich trägt.  Daraufhin hektisches in  den Jacken- und Hosentaschen suchen – nix. Aussteigen und unter den Sitzen, auf dem Autoboden, unter der Sitzbank (kann man beim Santana übrigens wunderbar abmontieren) und nochmal in allen Taschen in denen man zuvor schon dreimal gesucht hat nachschauen: Nichts. Bildlich geht einem schon mal durch den Kopf, welche wichtigen Karten, wie viel Geld und welche sonst nur mit viel Ärger wiederzubeschaffenden Dokumente  man wohl gerade verloren hat und was evtl. irgendein Chinese gerade damit anstellt.

Schaut auch ohne den Geldbeutel verloren zu haben dumm aus der Wäsche: Dieser illuststre Kerl aus dem Shanghai Zoo.

Schaut auch ohne den Geldbeutel verloren zu haben dumm aus der Wäsche: Dieser illuststre Kerl aus dem Shanghai Zoo.

Dagegen hilft auch ein 22stes Mal auf dem Körper rumklopfen nichts: Die Erkenntnis ist da – und Geld und Karten sind weg. Der Sonntag hätte bis dahin durchaus besser laufen können…

Darauf folgte dann der verzweifelte Versuch, dem Taxifahrer zu erklären, dass wir genau jetzt wieder genau dahin zurückfahren wollen, wo wir gerade herkamen und das durchspielen aller erdenklicher Szenarien wo man ihn hätte verloren haben können auf dem Weg dorthin. Einzige plausible Erklärung, nachdem ich in der Bäckerei zuvor ja noch bezahlt hatte: Entweder habe ich ihn dort liegen lassen (das wäre gut) oder auf dem Weg von dort ins Taxi verloren (man könnte sagen das wäre die unglücklichere Alternative in einer 20 Millionen Einwohner Stadt in der der monatliche Durchschnittslohn bei knapp 200 Euro liegt).  Leider fand das Schicksal Variante zwei aber interessanter und beim Bäcker lag nichts.  Nun gut, nochmal das Taxi von oben bis unten auseinandergenommen, dann dem Polizisten (der ebenfalls kein Englisch konnte, aber dennoch viele Notizen machte) die Situation erklärt, dazu noch meine Kontaktdaten bei Taxifahrer, Polizist und Shoppingmall hinterlassen und dann mit etwas getrübter Stimmung zurück nach Hause um all die Bankkarten zu sperren.

Mein erster Panda war genaugenommen gar keiner: Der "rote Panda" ist mit dem Stinktier näher verwandt als mit dem eigentlichen Pandabären.

Mein erster Panda war genaugenommen gar keiner: Der "rote Panda" ist mit dem Stinktier näher verwandt als mit dem eigentlichen Pandabären.

Dieser Teil geht ja bekanntlich problemlos – viel komplizierter ist es, all die neuen Karten zu beantragen und vor allem zwischenzeitlich ohne diese zu überleben. Zum Glück hatte ich eine einzige Bankkarte nicht im Portemonnaie an diesem Tag und das war die chinesische, die ich hier fast ausschließlich benutze.

Nachdem alles gesperrt war und ich gelernt habe, dass es quasi unmöglich ist, einen deutschen Führerschein im Ausland zu ersetzen (das geht tatsächlich nur persönlich beim Landratsamt IN DEUTSCHLAND) konnte der Tag nur noch besser werden und so entschieden wir uns, den Zoobesuch doch noch abzuhalten – das beste was wir tun konnten. Das Wetter war traumhaft, der Zoo ist viel schöner angelegt, als man es in diesem Land (in dem Tiere nicht gerade zuoberst in der Respektrangordnung residieren) erwartet und außerdem habe ich meinen ersten, echten Pandabären gesehen. Ungewohnt für Europäer: Es gibt neben Tiger, Panther und Krokodilen auch unglaublich viele Hunde die hier ausgestellt werden. Dabei sind fast alle Rassen vertreten und was bei uns vermutlich kein Kind zum Anhalten bewegen würde, scheint bei den Chinesen recht gut anzukommen.

Den Abend verbrachte ich dann mit dem suchen von Dokumenten im Internet, mit denen man all die verlorenen Dokumente neu beantragen kann und dem aufschreiben von Telefonnummern diverser Firmen und Behörden für den nächsten Tag.

Am nächsten Tag dann das Wunder: Meine Agentin, die bisher in keiner Weise in die Geschichte involviert war rief mich in der Firma an und fragte, ob ich zufällig meinen Geldbeutel verloren hätte. Sehr überrascht darüber, dass sie davon weiß (es hätte jedoch sein können, dass mein Compound sie informiert hat), erzählte ich ihr die Geschichte und mein damit verbundenes Leid, worauf sie meinte, dass sie weiß wo er sei und mir eine Adresse gab an der ich ihn abholen könnte. Ich war zugegebenermaßen ziemlich überrascht und verwirrt: Da verliere ich etwas in dieser Megastadt und einen Tag später ruft mich jemand bis dato völlig unbeteiligtes an und gibt mir eine Adresse von einer nochmal weiteren Person die angeblich meinen Geldbeutel haben soll.  Es wäre zu schön wenn das wahr wäre. Eine Kollegin rief für mich bei der angegebenen Telefonnummer an und tatsächlich war da jemand, der behauptete meine Brieftasche gefunden zu haben. Zusammen mit chinesischer Unterstützung nahm ich mir sofort ein Taxi und fuhr zur angegebenen Adresse , die sich als Büro in einem Möbelhaus in einem der hintersten Winkel Shanghais entpuppte. Und tatsächlich: Im 5. Stock überreichte mir eine junge Dame meinen Geldbeutel – mit komplettem Inhalt (vom Geld mal abgesehen).  Die Freude war unbeschreiblich und gerne hätte ich der Finderin einen Finderlohn bezahlt, doch diese weigerte sich vehement, das angebotene Geld anzunehmen.

Die Nachricht verbreitete sich dann wie Lauffeuer in der Firma und mehrere Kollegen versicherten mir, dass ich unglaubliches Glück hatte (davon mal abgesehen, dass alle Karten ja bereits gesperrt waren). Interessant war auch die Theorie einer Kollegin: Diese war überzeugt, dass mir der Geldbeutel gestohlen wurde, der Dieb dann aber beim Anblick der ganzen ausländischen Karten doch ein schlechtes Gewissen beim Gedanken an den Stress den ich haben werde bekam und den Geldbeutel deshalb zurückgab. Ein Dieb mit Herz sei das gewesen meinte sie. Ich habe keine Ahnung, wie das alles genau vor sich ging, bin aber sehr froh darüber, dass mir die Reise zum Reutlinger Landratsamt um einen neuen Führerschein zu beantragen auf diese Weise erspart blieb.