… sitzt in einem 2m auf 3m grossen, fensterlosen, von zwei Neonröhren erhellten Raum im 1. Untergeschoss unseres Apartment-Compounds – und ist einfach zu jeder Tages- und Nachtzeit dort. Ihren Namen kenne ich nicht und das obwohl ich sie in der Regel zweimal die Woche sehe und sie mich jedes Mal mit einem freundlichen Lächeln begrüsst. Das ist dann auch bereits das Maximum an Kommunikation, die mit ihr möglich ist, denn diese junge Dame spricht kein Wort Englisch.
Diese Tatsache führt zu teilweise recht komplizierten Situationen, denn diese junge Frau ist angestellt bei der Firma, die in unserem Komplex für die Wäsche zuständig ist. Für die vielen internationalen Expats hier, gibt es nämlich praktischerweise einen compoundeigenen “Laundry and Dry-Clean” Service, der einen günstigen Wäscherei- und Reinigungsservice anbietet. Und das geht so:
Man packt seine reinigungswürdige Wäsche in einen Stoffsack und vermerkt auf einem Formular mit 4 Durchschlägen (einem weissen, einem gelben, einem rosanen und einem blauen), was man in den Sack getan hat. Dazu noch ob man “Dry Cleaning” (also Reinigung) oder “Laundry” – also normale Wäsche – wünscht und ob man die Hemden gerne auf dem Bügel, gefaltet und oder gestärkt haben will. Das ganze ergänzt man mit Namen, Apartment-Nr., und Uhrzeit sowie Unterschrift. Dann nimmt man das wichtige Formular und den Sack und fährt damit ins 1. Untergeschoss, wo sich einem der hintersten Ecken dieser winzige Abgabe- und Abholschalter mit der jungen Dame befindet, die wie bereits erwähnt, kein einziges Wort englisch kann. In einem Gebäude in dem mehrere hundert nicht-chinesen wohnen, wäre das ja auch total überflüssig.
Man gibt ihr nun also den Sack und noch viel wichtiger – das Dokument. Von nun an wähnt man sich eher auf einem deutschen Amt als in einer Wäscherei. Erst werden akribisch alle Angaben geprüft, dann wird gezählt, dann mit dem Taschenrechner der Preis berechnet (der im übrigen sehr attraktiv ist) und dann das Formular ergänzt. Offensichtlich gibt es nun zwei Bezahlmöglichkeiten. Eine ist wohl die Barbezahlung und wie die andere Option funktioniert, habe ich bis heute nicht herausgefunden, denn dazu müsste ich die Frau fragen können, was sie denn von mir will, wenn sie mir zwei Stempel !! (mit natürlich spiegelverkehrter Schrift) vor die Nase hält. Auf einem steht – das kann man mit etwas schiefgehaltenem Kopf und Zeit irgendwann erkennen – “Cash” – also Barbezahlung. Auf dem anderen steht irgendwas mit transfer, allerdings spiegelverkehrt und halb in chinesisch. Da ich mir bisher weitere pantomymische Diskussionen ersparen wollte, entschied ich mich stets für die “Cash”-Variante durch schlichtes deuten auf den entsprechenden Stempel.
Ein Nicken bedeutet soviel wie “Barbezahlung, kein Problem, Sir”. Dann werden alle vier Dokumente mit mehreren Stempel versehen und man bekommt einen Durchschlag zurück. Versuchen zu fragen, wann die Wäsche denn fertig und abholbereit sei? Ich habs probiert und das Ergebnis war eine Mischung aus Chinesisch und wilden Gesten. Egal. Zwei tage später müsste realistisch sein.
Also geht man am übernächsten Tag zurück in den winzigen Kellerraum und wird wieder mit einem freundlichen Lächeln begrüsst. Man sollte jetzt meinen dass man einfach den bei der Abgabe erhaltenen Durchschlag abgibt und dann seine Wäsche bekommt. Ganz so geht es aber nicht. Erst wird einem ein kleines Büchlein hingehalten, das kreuz und quer mit Zahlen und Buchstaben beschriebe nist – dazu gibt es einen Stift. Gut, wenn man weiss, dass die Dame einem damit sagen will: “Bitte schreiben sie hier ihre Apartmentnr. auf”. Irgendwann kommt man drauf. Mit dieser Information wird dann in einem dicken, von Hand beschriebenen Buch nach dem passenden Eintrag gesucht. Das geht in der Regel nie im ersten Anlauf und so ensteht ein wildes geblätter, gemurmel und gesuche, bis man dann irgendwann selbst auf die Zeile mit der eigenen Apartmentnr. zeigt, was mit einem erlösenden “Ahhh gebrummelgemurmel” quitiert wird.
Es folgt nun immer das gleiche Ritual (nochmal zur Erinnerung: Der Raum hat maximal die Fläche einer Umkleidekabine): Die hunderten von Kleiderbügel und Wäschestapel an allen vier Wänden fragend anschauen. Dann zurück zum Buch kommen und noch einmal die Apartmentnummer nachschauen. Daraufhin wieder an alle vier Wände schauen und dabei mit einer Stange willkürlich manche Hemden ein bisschen auseinanderschieben um die auf den Plastiksäcken, in denen die frisch gewaschene Ware verpackt ist, vermerkte Nr. lesen zu können. Das dauert ein paar Minuten und endet meistens ergebnislos, manchmal mit ein bis zwei der 30 abgegebenen Kleidungsstücken.
In der Regel stehen nun 2 – 3 weitere Abholer hinter einem und wechseln genervt von einem Bein aufs andere. Weil einem das selbst unangenehm ist, sucht man nun über das Holzbrett, welches als Schalter fungiert hinweg selbst in den Bergen von Wäsche nach einem Stück, das einem Bekannt erscheint und zeigt dann energisch darauf. Auf diesem Weg hat man gute Chancen, relativ zügig bis zu zwei Drittel seiner Ware wiederzufinden. Wer nun aber wie ich oft weisse Hemden und schwarze Anzughosen abgibt, der wird die eigenen zwischen den vielen gleichen Waren auf diese Weise nicht finden und so sucht das junge Mädel weiter und weiter und wird dabei immer hektischer und murmelt immer lauter vor sich hin.
Irgendwann gibt sie auf und reicht einem die gefundene Ware (die übrigens einzeln in Plastik eingeschweisst, und pro Stück mit einer per Sicherheitsnadel befestigten Nr. zurückkommt) und macht dazu mit der Hand eine Bewegung die man beim zweiten oder dritten Besuch als “ich finde ihre Wäsche gerade leider nicht, aber ich suche weiter und bringe sie ihnen in ihr apartment” deuten kann.
Das funktioniert dann auch und 15 Minuten später klingelt es dann meist an der Türe und davor steht das Mädel – strahlend mit den fehlenden Wäschestücken in der Hand, dazu das einzige englische Wort sagend, das ich je von ihr gehört habe: “Solly”.